„ Ich bin so kopfgesteuert“, jammerte der Kopf.
„Was ist los?“ fragte der Bauch.
„Ich bin so kopfgesteuert“, wiederholte der Kopf.
„Was meinst du denn damit?“ fragte der Bauch.
„Ach, den ganzen Tag übe ich in mir, zu diskutieren,
kontrollieren und zu entscheiden.“
„Ich habe das schon mitgekriegt“, sagte der Bauch, „aber was
stört dich denn auf einmal daran?“
„Manchmal spüre ich eine Ruhe in mir aufsteigen“, antwortete
der Kopf, „und dann hören die Diskussionen auf. Und dann fangen sie wieder an
und die ganze Ruhe verschwindet wieder.“
„Weißt du“, meinte der Bauch darauf, „ du hast mir noch nie
gesagt, wozu all die Diskussionen gut sein sollen“.
„Das will ich Dir erklären“, sagte der Kopf nicht ohne
Stolz.“Ich trage immerhin Verantwortung, es wird von mir verlangt,
kontrollieren und entscheiden zu können. Deshalb halte ich mich auch ständig in
Übung. Es ist auch sehr unterhaltsam“, betonte der Kopf.
Da räusperte sich das Herz und führte sich schüchtern ins
Gespräch ein: „Bist Du dann nicht sehr einsam, wenn du dich ständig nur mit dir
selbst unterhältst?“
„Ich tue es doch für die anderen, damit sie stolz auf mich
sein können und zufrieden mit mir sind“, erklärte der Kopf.
„ Ich bin auch stolz auf dich und mag dich sehr, Kopf“,
sagte das Herz.“Aber oft habe ich den
Eindruck, dass du dich gar nicht so richtig für mich
interessierst“, öffnete sich das
Herz.“Wenn du mir etwas mehr Aufmerksamkeit schenken würdest, könntest du das
auch spüren.“
„Spüren fällt nicht in meinen Aufgabenbereich“, versuchte
sich nun der Kopf zu rechtfertigen.
Das merkte der Bauch mit seiner Intuition sofort und fragte
geschickt:“Du willst also nicht spüren?“
„Ich bin doch der Kopf“, entrüstete sich der Kopf.
„Ja“, bestätigte das Herz schmunzelnd,“und zwar ein sehr
dickköpfiger Kopf.“
„Aber wie soll ich denn den ganzen Erwartungen an mich
gerecht werden, wenn ich nicht mit Hilfe meiner Gedanken versuche, alles in den
Griff zu bekommen?“ fragte der Kopf und zuckte dabei mit den Schultern.
„Wer sagt Dir denn, dass Du es allein versuchen musst?“,
entgegnete der Bauch. „Das Herz und ich sind doch auch noch da.“ „Weißt Du“,
fuhr er fort, „wenn Du immer Deine Alleingänge startest, bekomme ich Bauchweh,
weil ich mich übergangen fühle“.
„Ist das Leben wirklich so beschaffen, dass man es in den
Griff kriegen kann?“, warf das Herz ein. „Geht es wirklich um Macht und
Kontrolle?“
„Nun ja“, gab der Kopf zu, „manchmal habe ich selbst
Zweifel, ob das der richtige Weg ist, da ja das Leben sehr komplex ist und aus
vielfältigen untereinander vernetzten Ereignissen und Beziehungen besteht.
Bisher habe ich immer versucht, die Dinge zu vereinfachen, um sie doch noch
steuern zu können. Aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass mir die Sache
über den Kopf wächst.“
„Ja, das Leben wird tatsächlich immer unüberschaubarer“,
stimmte der Bauch grummelnd zu. „Ich weiß auch nicht, was ich davon halten
soll. Manchmal fühle ich eine Wut in mir, wenn die Dinge außer Kontrolle
geraten, manchmal ziehe ich mich dann auch zurück. Aber eine wirkliche Lösung
habe ich auch noch nicht gefunden. Vielleicht weiß das Herz einen Rat.“
Das Herz aber schwieg und alle drei versenkten sich
gemeinsam in das Problem. Doch in dieser Stille geschah etwas Wunderbares. Der
Kopf fühlte eine Wärme in sich aufsteigen, weil er nicht mehr alleine mit seinen
Problemen fertig werden musste. Das Grummeln des Bauches legte sich und ein
wohlig warmes Gefühl machte sich in ihm breit. Und das Herz, das so lange
darauf gewartet hatte, gemeinsam mit Bauch und Kopf zu kooperieren, hüpfte vor
Freude. Und dann wurde es dem Kopf schlagartig klar: „Mein ganzer Ansatz, mit
Denken und Kontrolle mein Leben alleine steuern zu wollen, führte zu den
Problemen, die ich hatte. Dieser Ansatz war das Problem. Jetzt fühle ich mich
getragen und geborgen, ich fühle die Sicherheit, mit euch zusammen durchs Leben
zu gehen. Und alle Erfahrungen, die wir machen, werden wir gemeinsam nutzen, um
voneinander und miteinander zu lernen, uns zu unterstützen und uns gemeinsam zu
freuen, dass wir nicht alleine sind.
Der Bauch fuhr fort: „Oja, das hört sich gut an. Jetzt spüre
ich auch nicht mehr diese Existenzangst, die ich die ganze Zeit versucht habe,
vor euch zu verbergen. Oh wie erleichternd“, jubelte er.
„Endlich fühle ich mich ganz“, blühte das Herz auf. „Ich
habe mich immer für sentimental gehalten, weil ich so voller Mitgefühl war, und
nicht wusste, wohin damit. Ich dachte, dass sei nicht erwünscht und etwas würde
mit mir nicht stimmen. Mit euch zusammen fühle ich, dass das eine Gabe ist, die
mich erfüllt, wenn ich sie mit euch teile. Und Du, lieber Kopf, öffnest mir
durch Deinen scharfen Verstand eine Klarheit, mit der ich mein Mitgefühl
heilsam für andere einsetzen kann. Und Du, mein lieber Bauch, gibst mir den Mut
und die Kraft dazu.“
Und so freuten sich der Kopf, das Herz und der Bauch
übereinander und feierten gemeinsam noch die ganze Nacht hindurch ein Fest. Am
nächsten Tag machten sie sich dann freudig auf den Weg, ihr Leben miteinander
zu leben, in all seinen Höhen und Tiefen. Denn sie waren in diesem Miteinander
frei und doch vereint, so dass sie in all ihre Erfahrungen voll eintauchen
konnten, da sie nun wussten und spürten, dass sie in diesem Miteinander keinen
Schaden erleiden konnten. Sie hatten also nichts zu befürchten und genossen ihr
Leben gemeinsam und unbeschwert bis an ihr Lebensende.
by D7
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